Donnerstag, 28. Juli 2016

Die letzten Ähren

Die diesjährige Getreideernte hat begonnen. Für die Wetterau als uralte Kulturlandschaft ist das ein Prozedere, das in seinen Grundzügen seit tausenden Jahren stattfindet - auch wenn sich Erntegut und vor allem Erntetechnik seit der Jungsteinzeit doch etwas gewandelt haben. Die fruchtbaren Lößböden haben die Wetterau schon in vorchristlicher Zeit zur Kornkammer gemacht und oftmals Erträge und damit die Nahrungsversorgung gesichert, die andernorts den Wetterkapriolen der Jahreszeiten womöglich nicht stand gehalten hatten.

Früher blieben die letzten Ähren auf dem Feld, wurden manchmal auch zu kleinen Puppen oder Symbolen gebunden. Sie blieben den Korngeistern zu Ehren, Kornjungfern, Kornmuhmen, Fruchtbarkeitsgeistern in Gestalten alter Frauen oder hübscher Mädchen mit mohnroten Kleidern. Sie waren das Sinnbild und die Wahrer der Fruchtbarkeit der Felder und damit Beschützer vor dem Hungertod in langen Wintern und Frühjahren.

An die Geschichten über diese Fruchtbarkeitsgeister muss ich öfters denken, diese Gestalten, die für gute Ernte, gutes Essen und damit das Überleben der damaligen Menschen sorgen sollten. Besonders tue ich es, wenn doch mal wieder Essensreste vom Kühlschrank in den Müll gewandert sind...



Genießt den Sommer, Freunde, soweit er sich blicken lässt, und dessen diesjährige Ernte! Ich verschwinde jetzt wieder hinter meine Texte...

Montag, 25. April 2016

Vom Rand der Welt spähen...

Bald ist es soweit! Wir haben euch gerufen und ihr habt geantwortet! Silke Alagöz und ich suchen seit vergangenem Herbst Geschichten, die vom Rand der Welt erzählen, von der Grenze zwischen der Erde, der Menschenwelt und dem Unbekannten, das sich dahinter verbirgt. Über siebzig Geschichten habe ich bereits in meiner Eingangsliste verzeichnet, um nach dem Wochenende festzustellen, dass im Postfach mindestens noch zehn neue Geschichten eingetrudelt sind. Ich bin gespannt, ob wir die 100-Geschichten-Marke noch knacken! Und ich freue mich so sehr darüber! An dieser Stelle deshalb schon einmal ein riesiges Dankeschön an die großartigen Autoren, die uns eine Geschichte geschickt haben (und natürlich auch die, die es noch tun werden). Fünf Tage habt ihr noch, um eure Beiträge einzureichen. Wer sich wundert, warum die Eingangsbestätigungen auf sich warten lassen, den bitte ich um Nachsicht. Ich komme nämlich momentan nicht so richtig hinterher, die vielen Mails zu beantworten, die im Endspurt im Ausschreibungspostfach landen.
Auf den Büchertagen in Idar-Oberstein

Dafür haben Silke und ich uns an diesem Wochenende zum Bücher verkaufen und kreativen Beraten über die Anthologie in Idar-Oberstein getroffen. Ich bin jetzt schon zum zweiten Mal dank Silke Gast auf den Idar-Obersteiner Büchertagen gewesen, eine kleine, aber feine Buchmesse vor der tollen Kulisse der Edelsteinstadt an der Nahe. Wie auch vor zwei Jahren schon habe ich sehr viele interessante Gespräche geführt und konnte auch ein paar Kelten- und Götter-Bücher unter die Leute bringen (wenn auch nicht ganz so viele wie bei der letzten Veranstaltung). Dafür sind einige sehr interessierte Besucher an unserem Stand stehen geblieben und haben Gespräche geführt. Ich freue mich immer wieder, wenn ich höre, wie das Thema Kelten auch in anderen Regionen Deutschlands große Aufmerksamkeit findet (wen wundert es bei den vielen großartigen Funden in Rheinland-Pfalz). Rein vom Gefühl macht auch das meine Besuche in Idar-Oberstein im doppelten Sinne zu einem Treffen mit Freunden - nicht nur mit Silke - sondern auch den vielen Keltenliebhabern, die mich immer wieder auf neue Fundorte aufmerksam machen oder Veranstaltungen, die von Interesse sein könnten.

Die Herausgeber der "Götter des Imperiums" und bald auch von "Am Rand der Welt" zu Füßen der Ruine Bosselstein (und ja, es war sehr tatsächlich sonnig!)
Nachdem ich zwar im strömenden Regen den Hunsrück erreicht hatte, ließ sich Samstag Abend zum Glück auch das Wetter nicht mehr weiter feiern und spendierte uns ein paar Sonnenstunden, die Silke und ich genutzt haben, den Schauplatz ihres  neuesten Romans "Bosselstein - ein Flüstern aus der Vergangenheit" zu besuchen. Die kleine, aber wirklich malerische Ruine der Burg Bosselstein thront auf einem steilen Felsen direkt oberhalb der Felsenkirche über der Stadt Idar-Oberstein. Mir persönlich ist es schwer gefallen, mir anhand der Rekonstruktionsskizze vorzustellen, wie sich die doch ehemals vergleichsweise große Burganlage an den steilen Felsuntergrund geschmiegt hatte. Aber ich kann mittlerweile sehr gut nachvollziehen, warum Silke diesen Schauplatz in den Fokus eines Romans gerückt hat. Denn nicht nur die Burg als solche liegt wirklich malerisch da, es kreist auch um sie die geheimnisvolle Sage eines Brudermordes, die Silke gekonnt in ihrem Roman umgesetzt hat. Wer mehr dazu wissen will, dem kann ich dieses Buch nur empfehlen ;).
Burgruine Bosselstein über Idar-Oberstein (Rheinland Pfalz)

Zurück im heimatlichen Hessenland habe ich mich auch gleich wieder an die Arbeit gesetzt. Ein Berg von Kurzgeschichten will noch gelesen werden. Und ganz nebenbei schreibe ich ja selbst an altbekanntem Stoff weiter. Ich hoffe, ihr habt noch nicht vergessen, wer Aigonn und Rowilan sind! ;)

Bis dahin erwarte ich mit Spannung den Verlauf der letzten fünf Tage unserer Ausschreibung! Her mit euren Geschichten, Silke und ich freuen uns darauf!


Dienstag, 30. Juni 2015

Der Geburtsort der Fürstenstatuen - der keltische Steinbruch in Büdingen

Den roten Sandstein sieht man in Büdingen überall. In die historische Stadtmauer und das Jerusalemer Tor wurde er verarbeitet. Man sieht ihn ständig als Gebäudesockel. Und wer sich tatsächlich mal in Richtung des Stadtteils Rinderbügen verirrt - oder einfach beim Baden im Freibad die Nase hoch genug aus dem Wasser reckt - kann sehen, woher schon die Kelten den Sandstein nahmen.

Keltischer Steinbruch "Am Hain"
Vielleicht erinnert ihr euch an den zweiten Teil meiner Berg-der-Kelten-Reihe?

"Von Baldhons Haus aus sah Adavall gut die roten Buntsandsteinfelsen,
die übermannshoch, wie eine Wunde, aus dem schier unendlichen
Wald des Hügellandes hervorblickten. Ein Schamane hatte dem Fürsten
in Jugendjahren bereits offenbart, dass die Erdenmutter diesem Ort einen besonderen
Segen gespendet hatte, auf dass ihr eigener Geist jeden Felsen, jedes
Staubkorn beseelt hatte. Dhalaitus hatte es sich ein gewaltiges Opfer kosten
lassen müssen, aber seitdem war kein anderer Steinbruch mehr für das Rohmaterial
seiner vier Statuen in Frage gekommen, die er sich anfertigen lassen
wollte."



Diesen Steinbruch gibt es wirklich. Beruflich fahre ich öfter die Straße nach Rinderbügen entlang und sehe jedesmal, wie das rote Gestein aus dem Wald heraus leuchtet. Den Prolog aus Der Berg der Kelten - Die Erben die Glaubergs habe ich ebenfalls hier spielen lassen. Und nachdem es schneller Sommer wurde, als ich tatsächlich realisieren konnte, wollte ich endlich mal wieder raus, fotografieren, und euch was erzählen, nachdem ich mich schon lange nicht gemeldet habe :). Büdingen ist dafür immer ein gutes Ziel - wenn man weiß, was man sucht ebenso gut, wie zum planlosen Loslaufen. Die herrliche, mittelalterliche Altstadt allein vermittelt das Gefühl einer Zeitreise, und ich schwelge in Vorfreude auf das anstehende Mittelalterfest Mitte Juli!

Büdingen - oder zumindest ein Stadtteil davon - war jedoch bereits zu keltischer Zeit wahrscheinlich ein bedeutender Siedlungsort - auch wenn die keltische Siedlung noch nicht genau lokalisiert werden konnte. Die Fundsituation ist rar verglichen mit dem Glauberg. Im Kreischborn wurde z.B. ein keltischer Gürtelhaken gefunden. In mancher Publikation wird der Eichelberg als möglicher Siedlungsort keltischer Zeiten vermutet. Dort ist heute das Wohngebiet gelegen, das linker Hand direkt hinter dem Ortseingang von Büdingen zu sehen ist, wenn man die Stadt aus Richtung Büches erreicht (auf der rechten Seite ist der Bahnhof gelegen). Das Gelände erhebt sich hier über die fruchtbare, aber heute noch sumpfige Seemenbachaue, die sich am schönsten hinter dem Schloss zeigt, wohl aber in der Eisenzeit keinen guten Platz für dauerhafte Siedlungen bot. Auf dem Eichelberg ist Hahles´ bester Freund Adavall zuhause. Womöglich lag die Siedlung jedoch auch an ganz anderer Stelle. An Büdingen, genau genommen am Stadtteil Diebach, führte nämlich die bereits zu keltischer Zeit genutzte "Hohe Straße", eine uralte, Handelsstrecke Richtung Rhön und weiter nach Thüringen, vorbei, die sich aus dem ebenfalls keltisch besiedelten Rhein-Main-Gebiet in die Mittelgebirgsketten schlängelt. Wirklich um die Ecke ist Diebach zum Eichelberg nicht, ich wollte der Theorie jedoch gerne glauben und habe im Berg der Kelten die Wirklichkeit wie oft mit meiner schriftstellerischen Freiheit übermalt.



Blick zum Büdinger Schloss über die Seemenbachaue
 
Wirkliche Spuren der Kelten finden sich deutlicher an anderer Stelle in Büdingen. Analysen haben ergeben, dass die Sandsteinvorkommen rund um Büdingen das Material für die vier Fürstenstatuen lieferten, die den Keltenfürsten vom Glauberg in den Tod begleiteten. Der Steinbruch schmückt sich mit seinem prominenten Kind aus der Früh-LaTene-Zeit. Ein großes Relief, das das Antlitz mit Mistelblattkrone ziert, erinnert an die keltischen Steinmetze, die hier ihr Rohmaterial gewannen.

Keltenfürst-Relief vor dem Steinbruch

Zum Hausbau, wie im Mittelalter, verwendeten die Kelten die Steine jedoch nicht. Zumindest sind keltische Steinhäuser bisher nicht gefunden worden und in keiner Überlieferung erwähnt. Fachwerkbauweise war üblich. Von daher ist auch in Frage zu stellen, wie groß und umfangreich die Sandsteinhalde genutzt wurde (und ob sie in keltischer Zeit wirklich so offensichtlich von weitem zu sehen gewesen war wie in meinem Roman beschrieben :) ). Heute jedoch bietet sich ein imposantes Panorama dem, der sich dem Steinbruch nähert. Betreten werden kann er leider nicht. Wer vor der Gegenwart flüchten möchte, dem bleibt nichts anderes übrig, als von der Waldseite einen Blick auf die Sandsteinhalde zu erhaschen (und bloß nicht zu nah an die mit Zaun abgesperrte und verflucht steile Kante heranzuklettern!) und die eigene Vorstellung spielen zu lassen. Viel leichter ist dies, wenn man den schönen Weg durch die Seemenbachaue zum Steinbruch nimmt (durch das Schlosstor den Weg betreten, der um den Schlosspark herumführt und nicht über die Brücke zum Freibad abbiegen, sondern weiter auf den Steinbruch zulaufen). Ich muss wieder häufiger raus, Freunde! Am besten in den Wald. Immerhin habe ich seinen Göttern und Geistern einen Roman gewidmet, dessen Belegexemplare ich in den kommenden Tagen erwartet. Bestimmt wisst ihr, wovon ich rede... Nein? Dann müsst ihr euch überraschen lassen oder einfach einen Blick auf die Homepage werfen! Ich gelobe Besserung und werde mich demnächst wieder häufiger melden, versprochen ;).






Samstag, 15. März 2014

Zu Besuch in der Kurpfalz: Heidelberger Ringwälle und ein Merkur-Tempel

Ja, ich weiß, Wetterauer Kelten hab ich gesagt. Allerdings gibt es auch jenseits der Grenzen unserers schönsten Landstriches aller Zeiten beeindruckende Keltenfestungen. Ich muss aber gestehen, dass ich sie in Heidelberg nicht unbedingt vermutet hätte. Erst Recht nicht, als ich unterhalb des Heidelberger Schlosses fast eine Horde asiatischer Touristen über den Haufen gefahren hätte. Aber von vorn:

Eigentlich wollte ich Bernsteinschmuck kaufen. In Heidelberg, in der Innenstadt, wo es dafür einen ganzen Laden gibt. Eine Freundin, die dann aber immer wieder von Keltenfestungen erzählte, brachte mich auf die Idee, direkt in der Heidelberger Umgebung nach Fundorten zu suchen - und ich wurde fündig.

Blick vom Heiligenberg: Die Heidelberger Altstadt mit Kirche, Schloss und Neckar


Den Heiligenberg kennt in Heidelberg wahrscheinlich jeder, mir war die 440 Meter ü. NN. gelegene Anhöhe, zu deren Fuß der Neckar entlangfließt, kein Begriff. Dabei sind die ersten archäologischen Funde bereits der Jungsteinzeit zuzuordnen. Neben Spuren aus der Urnenfelderzeit wurden dann schließlich mit den Kelten zwei mächtige Ringwälle errichtet, die schon zwischen dem 5. und 4. Jahrhundert v.Chr. rund 50 ha Fläche einschlossen. Selbst auf dem steilen Hang zwischen innerem und äußerem Wall werden kleine Abflachungen als Wohnpodien gedeutet, womöglich für Schmiede, die Roheisenbarren herstellten?

Die Fundsituation auf dem Heiligenberg ist leider dünn. Noch dünner, seit in der braunsten Periode der jüngere Zeitgeschichte auf den keltischen Fundstätten eine germanische Thingstätte vermutet wurde. Anstatt die vorhandenen Funde auszugraben, zu katalogisieren und zu erforschen haben die Nationalsozialisten die "Thingstätte" stattdessen nach ihrer Vorstellung wieder aufgebaut: Goebbels persönlich eröffnete das wuchtige Amphitheater aus Stein und Beton unter den Augen von rund 20000 Besuchern, die danach in dieser Größenordnung in der Anlage nie wieder zusammen kamen. Viele keltische Funde, die bei dem Bau zu Tage kamen, wurden dagegen planiert und sind verloren.

Blick vom inneren keltischen Wallring zum Äußeren: Direkt auf dem inneren Wallring läuft der Kelten-Wanderweg entlang.

Über die Kelten vom Heiligenberg ist entsprechend wenig bekannt - auch, da Nord- und Süd-Teil des Plateaus schon viele Jahrhunderte früher nach Ende der keltischen Besiedelung anderweitiger Nutzung unterlagen. Wir sprechen hier von einem römischen Tempelbezirk und mittelalterlichen Klöstern, doch dazu später mehr. Gefunden auf dem Heiligenberg wurde aus der Zeit der Kelten dagegen ein Haufen Scherben - so wie fast überall - aber auch unter anderem Beschläge von mindestens zwei keltischen Streitwägen, wie sie laut den antiken Autoren vor allem dem keltischen "Kriegeradel" vorbehalten waren. Einen mächtigen Herrscher auf dem Heiligenberg zu vermuten, macht Sinn. Nicht die Erzgewinnung wird Grundlage seiner Macht gewesen sein, sondern die Kontrolle über den Neckar, der am Fuß des Hügels entlangfließt. Forscher vermuten in der Umgebung von Heidelberg mächtige Prunkgräber wie auf dem Glauberg - auch deshalb, weil ein "Verwandter", könnte man sagen, der Keltenfürststatue gefunden wurde: Ihn hier, das Fragment einer Sandsteinstatue mit (Mistel-)Blattkrone. Anders als beim Glauberger Fürsten wurde hier vermutet, der Kopf könnte auf einem reich gestalteten Sockel gestanden haben, dessen Rekonstruktion ich mir nach dem Besuch auf dem Heiligenberg im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg angesehen habe.

Bisher fehlen von ihm jedoch noch einige Spuren. Viele von ihnen sind im Laufe der Jahrhunderte verwischt worden, überbaut und neu verarbeitet von anderen Siedlern, die die Besonderheit des Ortes auch nach den Kelten noch spürten. Die Römer waren die ersten, die im Norden des Plateaus mehrere Tempel errichteten. Im Mittelalter ist dieser wieder von einem mächtigen Kloster überbaut worden. Die Tempelruinen sind jedoch ausgegraben worden. Heute kann man die Fundamente von einem der Gebäude auf dem Boden des Michaelisklosters erkennen.

Fundament des Merkur-Tempels im Michaeliskloster auf dem Heiligenberg


Juptiter wurde hier verehrt und Merkur, jedoch in einer regionale Ausprägung. Der Mercurius Cimbrianus gibt den Forschern heute viele Rätsel auf. Da die Römer in ihrer Interpretio Romana versuchten, einheimischen Göttern eine ihnen vertraute Gottheit zuzuordnen, können wir die "Aufgaben" der Götter heute nachvollziehen. Merkur als Gott des Lichtes, der Kunst und Poesie, aber auch des Handels und Wohlstandes wird nach dem heutigen Stand der Diskussion am ehesten Göttervater Wodan zugeordnet (der im ersten Jahrhundert n.Chr. wahrscheinlich noch gar nicht als DER GÖTTERVATER der Edda wahrgenommen wurde) bzw. Lokalgottheiten mit ähnlichen "Aufgaben". Das allein ist spannend genug. Noch spannender macht die Inschrift auf dem Weihestein des Mercurius Cimbrianus jedoch der Namenszusatz "Cimbrianus" - "Kimber".

Die Kimbern sind die ersten Germanen, die zu zehn- oder auch hunderttausenden ihre Heimat in Dänemark und Norddeutschland verließen und - durch historische Quellen gesichert - bis ins Imperium Romanum liefen, um dort neue Siedlungen zu gründen. Der Grund ihres Auszuges ist unsicher, Sturmfluten und/oder Hungersnöte werden die Ursache gewesen sein. Die Römer schlugen ihr Eindringen jedoch gewaltsam nieder, ihre Reise blieb erfolglos. Das alles spielt sich zeitgleich mit den Geschehen in meinen Romanen Anation und Völva ab, zwischen 120 v.Chr. und dem Anfang des 1.Jh. v.Chr.. Anzunehmen ist, dass ein Teil der Kimbern nach der Abwehr der Römer wieder den Weg nach Norden aufnahmen. In den Weiten des damals noch keltisch und germanisch geprägten Deutschlandes verliert sich ihre Spur.

Und in Heidelberg taucht sie wieder auf, in dieser Inschrift? Erstellt wurde sie frühestens in der Mitte des 2.Jh.n.Chr., viele Jahre nach dem Untergang oder der Vertreibung der Kimbern aus dem römischen Reich. Womöglich haben sich einige Sippen der Kimbern im Heidelberger Raum niedergelassen. Wir wissen es nicht. Spannend bleibt trotzdem, was die Archäologen unter den Ruinen des Mittelalters oder am Fuß des Heiligenberges wohl noch zu Tage fördern werden. Immerhin ist die Fundsituation im Bereich des römischen Totenkultus auf dem Stadtgebiet Heidelberg überragend. Unzählige römische Gräber wurden jenseits der Grenzen der einstigen Römerstadt ausgegraben, Grabsteine, Körpergräber, Grabbeigaben. Im Kurpfälzischen Museum können die beeindruckende Funde besichtigt werden - und das habe ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Einziges Hindernis: Das Museum liegt direkt in der Altstadt an der Einkaufsstraße. Selbst an Sonntagen strömen Touristenmassen durch diese Straße, dass ich mich ein wenig an ein Festival erinnert gefühlt habe. Der Heiligenberg gehört für alle von Außerhalb wohl eher zu den Ausflugszielen zweiten Ranges, um vieles ruhiger ist es dort am Vormittag gewesen. Doch ich habe nicht nur einen ausländischen Touristen beobachten können, der sich auch für die keltischen Funde interessierte. Einen Ausflug ist der Berg auf jeden Fall wert, und wenn es nur um des wunderbaren Ausblicks oder der Maultaschen wegen ist, die man in dem Ausflugslokal auf dem Hügel probieren kann.

Dienstag, 11. März 2014

Der Frühling, die Kelten und das Lektorat

"Ich wünsche dir Zeit..." beginnt ein Gedicht auf einem Notizbuch, das mir meine Mama mal geschenkt hat. Ich lese es wirklich gern, weil es mich daran erinnert, wovon man nicht genug haben kann.

Heute habe ich es endlich getan, ich habe das Adventsgesteck weggeworfen, das ich auf der Arbeit mitgebracht habe. Auch wenn ich dafür bekannt bin, in seelischen Konflikt dabei zu geraten, meine Werke in die Tonne zu werfen (ja, das habe ich selbst gesteckt), war Ursache seiner langen Lebenszeit diesmal ein einfacherer Grund: Ich hab irgendwie nicht mitbekommen, dass Frühling geworden ist. Wobei man mir das bei diesem (kaum vorhandenen) Winter verzeihen mag. Erst war Sonnenwende, dann Weihnachten, dann Silvester, - oh nein, da will noch ein Glossar und eine Karte für die Anthologie fertiggestellt werden - und schwupp: Die Weiden blühen, manchem meiner Freund juckt die pollenallergische Nase, das Land jauchzt im Frühlingstaumel und Astrid ist voll dabei, ohne mitzubekommen, wie die Zeit vergeht.

Im Frühling liegt die Kraft... oder so...

Jedes Mal bekomme ich einen halben Herzinfarkt, wenn ich auf den Kalender schaue. Es ist Mitte März! Schon wieder! Höchste Zeit, euch ein Update von den "Göttern des Imperiums" zu geben:
Das Lektorat neigt sich seinem Ende zu. Mein unschlagbarer Multitasking-Weltmeister-Verleger kümmert sich momentan um den letzten Schliff. Ich für meinen Teil prüfe gerade, was aus den Anmerkungen zu der Historie geworden ist, die Silke und ich den Autoren gegeben haben und kümmere mich um die letzten Details der Anthologie. In der steckt nämlich noch einiges mehr als nur ein paar fantastische Kurzgeschichten: Einer der wichtigsten Bestandteile u.a. wird ein Glossar sein, das dem unvoreingenommenen Leser helfen soll, die teilweise durchaus komplex beschriebenen, historischen Settings reibungslos fassen zu können. Aber keine Angst! Wir erschlagen euch nicht mit Fakten! Freut euch lieber auf ganz unerwartete göttliche Intrigen, die Caesar zur Macht verhelfen, römische Jagdgöttinnen, die in der bayrischen Wildnis Geburtshilfe leisten, keltische Priesterinnen, die zwischen dem Schicksal ihres Volkes und ihrem privaten Glück zerissen werden oder auch Prometheus, dem ich mich diesmal angenommen habe. Falls ich nicht in einem Monat wieder erschrocken auf den Kalender schaue ohne mitbekommen zu haben, wie die Zeit vergangen ist, werdet ihr hier bald noch ein paar spannende Details zu den historischen Hintergründen lesen.

Bis dahin lege ich euch aber sehr ans Herz, doch mal auf einer meiner neuen Lesungen vorbeizuschauen! Schon nächste Woche, am 21.03.2014, lese ich im Rathaus Ranstadt aus meiner Glauberg-Saga "Der Berg der Kelten". Am 04.05.2014 endlich werde ich euch zusammen mit Silke Alagöz die "Götter des Imperiums" in einer gemeinsamen Lesung mit dem "Berg der Kelten" im Alten Hallenbad in Friedberg präsentieren. Für diese Lesung stehen noch ein paar besondere Leckerbissen an. Ihr könnt gespannt sein und solange schon mal auf meiner Homepage stöbern: Homepage

Ich für meinen Teil widme mich jetzt wieder meinen Kurzgeschichten. Und für alle, die neugierig geworden sind, hier findet ihr das wirklich schöne Gedicht von Elli Michler "Ich wünsche dir Zeit".

Dienstag, 12. November 2013

Kelten motivieren

Mich zumindest fast immer, zum Schreiben, zum Wandern, zum Lesen, manchmal auch zum Nähen oder Kochen. Im Moment motiviert mich genau genommen eine Rezension, die ich seit Monaten ängstlich abgewartet habe. Die Histo-Couch hat sich meiner Bücher angenommen und zu meiner Überraschung zuerst Anation rezensiert anstatt den Berg der Kelten. Dafür, dass ein historischer Fantasy-Roman nicht so ganz in das Schema des klassischen historischen Romans passt und vielleicht eben auch nicht jeden Leser dieser Zielgruppe anspricht, bin ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Aber lest selbst: Anation auf der Histo-Couch.

Das erinnert mich obendrein daran, dass ich dringend noch mal vor dem ersten Schnee nach Erlensee muss. Was ich da will? Oh, da werden nur gerade Keltengräber aus der Zeit des Glauberger Fürsten ausgegraben, könnte man als Außenstehender fast für Wetterauer Alltag halten...  


(AstridrastetschonseitTagenausüberdieseNachricht,geradebeidemschönenWander-undKeltensuch-Wetter, hatabernochnichtinErfahrunggebracht,wassiewannundwotatsächlichnochzuGesichtbekommt)

Demnächst hoffentlich mehr dazu an dieser Stelle.

Montag, 4. November 2013

747mal Kalter Markt: Vom Klimawandel und der guten alten Zeit

Endlich Herbst! Auch wenn es regnet und nicht friert! Eigentlich wollte ich euch hier einen kleinen Bericht über den diesjährigen Kalten Markt in Ortenberg liefern, ein großes Volksfest, dem trotz Wetterau schon ein bisschen Vogelsberger Aroma anhaftet. Als Bloggerneuling bin ich dann aber unweigerlich mit der Frage konfrontiert worden: Was kann ich euch von diesem Markt erzählen, diesem herrlich gemütlichen, unspektakulären Fest, das ihr lesen wollt? Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es genau darum geht: Der Kalte Markt ist nichts besonderes und genau das macht ihn so ungewöhnlich. Denn er fasziniert trotzdem. Ich war also bemüht, diese Erfahrung in meine Worte zu packen. Das Ergebnis auf diese schwierige Frage könnt ihr jetzt lesen. 

Wann ess Juhr seim Enn Zougitt, 
 kahn Schdomp mieh uff de Felder schditt,
eann de Loft die Roawe fläije,
Keann als geann de Houste kräije,
wann die Weiwer beim Erwache
schnäll eam Owe Feuer mache,
unn die Menner inner fluche
ihrn ahle woame Wamst sich suche
unn ess Wärrer iwerzwerch,
dann ess Mährt enn Otteberch.

(geklaut auf http://www.kalter-markt.de/)


Ja, das waren noch Zeiten! Es war das Geburtsjahr des späteren Grafen Ludwig II. von Isenburg-Büdingen, in dem zum ersten Mal in Ortenberg ein großer Pferdemarkt in den Stadtrechnungen auftauchte. Nur hundert Jahre später folgte ein verregneter Sommer dem anderen, die Winter waren kalt, der Wein sauer, der Schnee hoch. Das waren noch Zeiten!

Wer jetzt glaubt, dass mir Erkältungsmedikamente auf die Wahrnehmung geschlagen haben, braucht sich keine Sorgen machen. Letzte Woche ging das größte Volksfest Oberhessens zu Ende: Ortenbergs Kalter Markt, ein großer Jahrmarkt voll Glühwein, Bratwurst, Fahrgeschäften und Weihnachtsvorfreude, Ramsch und Lebkuchenherzen, Dörflichkeit ohne (nervigen) Kitsch. Jedes Jahr wird er am Wochenende gefeiert, an dem die Uhren auf Winterzeit umgestellt werden. Es hat fast Tradition mit einem Heißgetränk in der Hand durch die Kälte zu laufen, zu warten, bis die taub gefrorenen Zehen warm werden und sich zu freuen, dass es bald wieder zwei Uhr statt drei Uhr nachts ist. Am Kalten Markt riecht die Luft herrlich nach Herbst, der erste Frost hat sich längst auf die Wiesen gelegt und den Halloweenlaternen ein silbernes Make-Up übergezogen. 

Dieses Jahr war mancher Kürbis schon extra gruselig anzusehen - zusammengeschrumpelt, weil faulig. Bei zweistelligen Temperaturen war Abends auf dem Markt kaum der Atem zu sehen, stattdessen regnete es zwischendurch immer wieder in Strömen. So kommt Wintervorfreude auf! Wissenschaftler mögen es bestreiten, aber es riecht schon ein bisschen danach, als hätte der Klimawandel auch auf dem Kalten Markt zugeschlagen. Es wäre nicht das erste Mal in den vergangenen Jahren. Bei dem Gedanken daran wird mir allerdings bang um ein ganz anderes, noch viel wichtigeres Fest: Weihnachten. Das ist ja eine ganz andere Baustelle, verhasst, geliebt, vom Kommerz überfrachtet. Das steht hier genau genommen kaum zur Debatte. Entscheidend ist, dass das klassische Weihnachten für mich nicht weiß, aber wenigstens kalt sein sollte. Entsprechend graust es mir bei der Erinnerung an das vergangene Fest mit seinen 20°C-Rekordtemperaturen. Wer jedoch echter Weihnachtsliebhaber ist, dem sollte das Wetter die Feierlaune nicht verderben. Und im Grunde ist es mit dem Kalten Markt genauso.



Ich liebe den Kalten Markt! Ich liebe ihn so sehr, weil es an ihm so wenig nach heutiger Ansicht Besonderes gibt, das schon das milde Herbstwetter auffällt. 1422 ist der Kalte Markt zum ersten Mal in Ortenberg dokumentiert worden (wobei im Internet noch andere Jahreszahlen kursieren, ich lasse mich gern eines Besseren belehren), siebzig Jahre vor der Entdeckung Amerikas und jenseits aller Kürbislaternen. 747mal ist jedenfalls bisher nach Angaben der Veranstalter gefeiert worden und immer noch ein ländlicher Markt, der das gesamte Stadtzentrum Ortenbergs für fünf Tage einnimmt. Abgesehen von seinem Alter und seiner Größe gibt es dort kaum etwas, das ihn von anderen Märkten abhebt. Es ist ein Markt regionaler Produkte, Handwerk, Fastfood und Getränken. Über allen Ständen liegt die vorwinterliche Stimmung, dass man sich endlich ehrlich über den Lebkuchen in den Supermärkten freuen darf. Es vergehen nur noch wenige Tage, bis die erste Novemberwoche die Saison des Plätzchenbackens einläutet und schneller als gedacht auf die Adventszeit die Wintersonnenwende folgt und endlich die kurzen Tage wieder länger werden.

Der Sonnenwende wird mal wohl auch im 15. Jahrhundert auf dem Markt schon entgegen gefiebert haben. Ca. hundert Jahre nach der ersten Dokumentation des Kalten Marktes setzte die sogenannte "Kleine Eiszeit" in Europa ein und bescherte den Menschen nicht nur Missernten, sondern lange Winter mit wenig Essen und - besonders in der Region um Büdingen - den Hexenwahn in allen seinen Facetten. Wenn man mal davon absieht, dass der Apfelwein in dieser Zeit auf Grund der schlechten Qualität des Weins seinen ersten großen Siegeszug in Hessen antrat (zumindest nachdem die Römer sich daran versucht hatten), hatte diese Zeit viel zu bieten, das ich ungern am eigenen Leib erlebt hätte. 

Der Klimawandel heute belastet bisher zum Glück nur den Appetit auf Glühwein und Maroni auf dem Kalten Markt. Ich sollte mich also nicht beschweren. Und auch, wenn er mir ein klein bisschen auf die Wintervorfreude geschlagen hat, war der Kalte Markt dieses Jahr so schön wie jedes Jahr. Genau deswegen - es ist immer das gleiche, sehr lange schon, und das ist gut so: Eine Ahnung, dass das Jahr zuende geht. Trotz Regenwetter waren zwischen tausenden Gästen auch Handwerkskunst und Landmaschinen zu bestaunen. Zwischen Ramsch, Weihnachtsflitter und Fahrgeschäften gibt es immer noch Honig, Werkzeug, Küchengerät und Lebkuchen ohne Zuckeraufschrift zu kaufen. Es wird Spießbraten gebraten und frankfurter Bier lokaler Brauereien ausgeschenkt. Was andere als kleinbürgerliches Spießertum verschreien, ist das, was ich mancherorts vermisse: Beständigkeit, egal wie oft sie um schöne (und manchmal auch unnötige) Details erweitert oder modernisiert wird. 


Auf dem Kalten Markt kriegt man sogar Lebkuchen, die schmecken und nicht nur in Zuckerguss ersticken :)


Der Kalte Markt läutet für mich die schönste Zeit im Jahr ein, die Winterzeit, die noch ein klein wenig stiller und stimmungsvoller ist als der Rest des Jahres. Halloween passt im Grunde genommen ebenfalls sehr gut in diese Zeit voller Traditionen, wurde mit dem keltischen Samain doch das Ende der Ernte, die Entwöhnung des Jungviehs und damit der Beginn der Winterruhe im landwirtschaftlichen Jahr gefeiert (die Eigenschaft des Festes als Totenfest kommt natürlich ebenfalls hinzu). Dass Samain in erster Linie ein irisches Fest aus dem irischen Ackerbauzyklus ist, sollte man dabei im Hinterkopf behalten, wenn man es in Deutschland feiert. Aber mittlerweile gehört ja auch das Mobile Irish-Pub auf dem Kalten Markt zum heißgeliebten Inventar.

Ich für meinen Teil habe gedanklich die Vorweihnachtszeit eingeläutet - ganz klassisch mit Plätzchenbacken. Und ob ihr es glaubt oder nicht, ich genieße diese Tage, die so wie das diesjährige Halloween ja auch stimmungsvoll neblig sein können. Und ihr? Ihr habt nach diesem Post jetzt doch die Erkältungsmedikamente in Verdacht, oder? Stimmungsvoll? Der Herbst? Ja, wirklich! Wer von euch Gelegenheit hat, nächstes Jahr den Kalten Markt zu besuchen, kann sich gern ein eigenes Bild von dieser Veranstaltung machen, auf der einem der Herbst immer noch wie Herbst und vor allem Weihnachten wie Weihnachten vorkommt - noch zwei Monate Zeit zum Vorbereiten, obwohl schon seit August Lebkuchen im Supermarkt verkauft werden. Vielleicht hat dieser Post hier doch gereicht, euch auch ein bisschen in Stimmung zu bringen. Marktstimmung. Winterstimmung. Klimawandelstimmung, damit es endlich nicht mehr so kalt wird und die Ernten weiter gut bleiben? Ich für meinen Teil genieße jedenfalls den neu begonnenen November. Und wenn es dieses Jahr wieder 20°C an Weihnachten gibt, hole ich trotzdem die Glühweintassen aus dem Schrank. Daraus kann man notfalls auch Caipirinha trinken.

 Am Ende habe ich sogar eine Rote-Liste-Art in der Zuchtversion auf dem Markt gefunden. Mal sehen, ob sie sich bei uns wohlfühlt.